Gastbeitrag von Andrea Scholian, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW

Die Nutzung und der Umgang mit digitalen Medien beschäftigt viele Jugendarbeitsstellen. Eine zentrale Frage dabei ist: Wie ist ein*e Jugendarbeiter*in professionell im digitalen Raum unterwegs und respektiert dabei angemessen die Privatsphäre der Jugendlichen? Auf diese Fragen gibt es (bisher) keine allgemeingültige Antwort. Im Rahmen einer von der ZHAW finanzierten Studie wurde der Umgang und die Nutzung digitaler Medien in drei Gemeinden des Kantons Zürichs untersucht. Dabei wurden in den Gemeinden jeweils Gruppendiskussionen mit Jugendarbeitenden wie auch Jugendlichen durchgeführt.

In der Erhebung wurde eine heterogene Sichtweise hinsichtlich der Privatsphäre von Jugendlichen deutlich. Dabei scheint es zentral, die Sichtweise der Jugendlichen, mit welchen man in Kontakt steht, bei der Beantwortung dieser Frage miteinzubeziehen. Ein weiterer zentraler Aspekt sind die die Ressourcen. Zudem sind für die Nutzung digitaler Medien Kenntnisse zu den einzelnen Apps nötig, das Aneignen dieser setzt wiederum Ressourcen, aber auch Bereitschaft von Jugendarbeitenden, sich auf die neuen Kommunikationsformen einzulassen, voraus. Und nicht bloss das Eindringen in die Privatsphäre der Jugendlichen ist ein Thema als Jugendarbeitende. Auch umgekehrt stellt sich die Frage, inwieweit man sich als Jugendarbeitende persönlich im digitalen Raum zeigen soll. Es geht somit um Fragen zur Privatsphäre der Jugendlichen wie auch derjenigen der Jugendarbeitenden. 

Vor dem Hintergrund der Studie stellt sich zudem die Frage: In welchen digitalen Räumen sollte man präsent sein? Die Jugendarbeitsstellen müssen festlegen, auf welchen Apps sie präsent sein möchten. Dabei ist einerseits zu beachten, welche Apps die Jugendlichen nutzen. In der Studie wurde deutlich, dass einige Apps von Jugendlichen genutzt werden, von den Jugendarbeitsstellen jedoch nicht. Es erscheint zentral, die Nutzung von einzelnen Apps fortlaufend zu überprüfen, da sich die Nutzung von Apps je nach Alter unterscheidet, wie die letzte JAMES Studie gezeigt hat. Beispielsweise wird TikTok bei jüngeren Jugendlichen zunehmend beliebter und umgekehrt wird Instagramm zunehmend weniger von jüngeren Jugendlichen genutzt.

Andererseits stellt sich die Frage, inwiefern die Jugendarbeit auf Apps präsent sein möchte, welche medial kritisch diskutiert werden. Beispielsweise die App TikTok, welche aufgrund fragwürdiger Algorithmen, welche die New York Times (2021) auf der Grundlage von internen Papieren der Organisation publik machte, stark in der Kritik stand.

Vor dem Hintergrund der Studie stellt sich nicht bloss die Frage, wie und in welchem digitalen Raum sich Jugendarbeitende verhalten sollten. In den Gruppendiskussionen mit den Jugendlichen wird auch deutlich, dass für alle Jugendlichen der digitale Raum ein bedeutender Sozialraum ist, welcher vielfach genutzt, jedoch auch als kritisch eingeschätzt wird hinsichtlich des Suchtpotentials, der weiteren Zukunft oder der Kommunikation. Es zeigte sich, dass der digitale Raum für die Jugendlichen mit verschiedenen Herausforderungen verbunden ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage für die Jugendarbeit: Inwiefern können Jugendarbeitende Jugendliche im Umgang und Nutzung digitaler Medien befähigen? Wie Jugendarbeit im digitalen Raum künftig aussieht bzw. aussehen soll, wird sicherlich Gegenstand weiterer Studien wie auch Diskussionen sein müssen.

Quelle: Scholian, A. (2022). Nutzung digitaler Medien in der Jugendarbeit : eine explorative Studie. Zürich: ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Schlussbericht (PDF)

Foto: Colourbox

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