Die Jugendarbeit Zürich-Oerlikon führt seit einigen Jahren mit 1. Oberstufenklassen Workshops zum Umgang mit digitalen Medien durch. Im Rahmen dieser Workshops hat sich rasch gezeigt, dass Frontalunterricht bei dieser Thematik wenig jugendgerecht und somit nicht sehr nachhaltig ist. Deshalb wurden die zwei Stunden des Workshops so aufgebaut, dass in der ersten Stunde in einer von uns geleiteten Diskussion, verschiedene Themen angeschnitten wurden. Diese Themen wurden vorgängig mittels eines Fragebogens ermittelt, sowie von den Jugendlichen direkt im Workshop aufgegriffen. In der zweiten Stunde wurde dann zu diesen Themen gebloggt.
Herausforderung: Viele Themen vs. Nachhaltigkeit
Nebst dem, dass Jugendliche in vielen Bereichen der Digitalen Medien besser Bescheid wissen als Erwachsene (Bsp. Was ist gerade aktuell? Wie nutze ich neue Apps und was sind dessen Vorzüge?), herrscht bei ihnen ein grosser Bedarf sich zu verschiedenen digitalen Themen zu äussern und auszutauschen. Jugendliche machen täglich viele unterschiedliche Erfahrungen im Netz. Beispielsweise bezüglich Cybermobbing, Computergames oder Datenschutz. Dabei stellen sich ihnen viele Fragen. Diesen Fragen Raum zu geben, darauf einzugehen und zusätzlich wichtige Wissensinhalte zu vermitteln, ist nicht einfach. Dazu stellen sich während des Workshops für den_die Leiter_in weitere Schwierigkeiten: Die Menge an Themen in diesem Bereich ist unendlich gross (Plattformen, Nutzungen, Abgrenzung etc.), die zur Verfügung stehende Zeit knapp und die Gefahr, negative Aspekte des Internets zu sehr ins Zentrum zu rücken, gross.
Um Letzterem entgegenzuwirken und Workshops zu digitalen Medien interaktiver und spannender zu gestalten, hat die OJA Zürich-Oerlikon im Rahmen ihrer zweistündigen Workshops in einem Schulhaus mit Jugendlichen gebloggt. Das Ziel war es, möglichst viele Beiträge zu den verschiedensten Themen zu sammeln und allen Schüler_innen zugänglich zu machen. Die Jugendlichen konnten diese Themen selbst wählen. Die Themen waren mit dieser Vorgehensweise automatisch jugendgerecht formuliert. Ein Ziel des Blog’s war auch, dass die Lehrpersonen ein paar Wochen später mit der Klasse nochmals den Blog anschauen und nach Bedarf Themen daraus weiterbearbeiteten.
Arbeit mit den Jugendlichen
Allgemein zeigte sich, die Jugendlichen sind fit mit vielen Anwendungen. Sowohl im Umgang mit Hard- sowie Software. Sie kennen und begreifen Neues intuitiv. Jedoch wurde auch klar, ihr Wissen ist oft auf gewisse Funktionalitäten, teils sogar innerhalb einer Anwendung, beschränkt. Deshalb stellte sich die Idee, mit Jugendlichen einfach mal zu Themen zu bloggen, als nicht ganz einfach heraus. Viele hatten beispielsweise bereits Mühe, sich auf WordPress einzuloggen, obwohl sie die Informationen über die Webseite und die dazugehörigen Zugangsdaten hatten. Auch ein Bild vom Internet auf den PC zu speichern, wieder zu finden und es in den Blog einzufügen, war für viele eine Herausforderung. Abgesehen davon, war es für viele anspruchsvoll einen kurzen Text zu verfassen. Deshalb wählten einige Jugendliche das Spielen und Filmen eines kurzen Theaterstücks. Dieses funktionierte intuitiver. Dabei wurde für uns Datenschutz und Zensur Thema: Wenn sie beispielsweise schrieben, in einem nicht jugendfreien Spiel bereite ihnen das Töten grossen Spass, oder pornografische Bilder einfügten. Geschweige denn, dass viele ihrer Texte nur so von Rechtschreibefehler strotzen. Wir entschieden uns bei Ersterem einzuschreiten, bei Letzterem jedoch nicht. Ausserdem wollten wir keine erkennbaren Gesichter auf den Videos, da wir die Resultate aus den Workshops am Schluss ins Netz hochluden.
Was den Rahmen anbelangte, fiel es Schüler_innen etwas einfacher frei über ihre Themen zu sprechen, wenn keine Lehrperson im Schulzimmer war. Auch die Gruppen in Mädchen und Jungs aufzuteilen machte Sinn. So konnten wir themenspezifischer mit ihnen arbeiten. Seitens der Jugendlichen gab es viele positive Rückmeldungen. Leider gab es trotz dem anfänglichen Interesse keine Interaktion und kaum Klicks auf die Artikel. Wir erhofften uns, die Jugendlichen würden sich im Nachhinein die Artikel und Videos gegenseitig zeigen. Dies war leider kaum der Fall.
Zusammenarbeit mit der Schule
Im vornherein planbar war die Zusammenarbeit mit der Schule und die technische Infrastruktur. Bezüglich der Technik war die Schule glücklicherweise gut ausgerüstet. Uns standen diverse Notebooks mit Internetzugang zur Verfügung. Ihr Handy sollten die Jugendlichen aufgrund der Regeln im Schulhaus jedoch nicht nutzen.
Für die Zusammenarbeit mit der Schule, sind die Unterstützung und das Schätzen unseres Engagements seitens der Schulleitung elementar. Dies stand glücklicherweise nie zur Diskussion. Auch die Schulsozialarbeit war aktiv bei einigen Workshops beteiligt. Die Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen gestaltete sich jedoch nicht ganz einfach. Unsererseits wurde über verschiedene Kanäle (bsp. in Sitzungen, Face-to-Face, via Schulleitung) informiert, was wir vorhatten. Wir holten in Sitzungen vor und nach unseren Einsätzen ihre Anregungen und Kritik ein und informierten sie, sie dürften auch gerne Workshops mitgestalten. Unser Eindruck war, sie schätzten unser Engagement, hatten jedoch keine Zeit sich selbst einzubringen. Leider fand unsere Idee, dass sie sich ein paar Wochen später mit ihrer Klasse Themen aus dem Blog anschauen und nach Bedarf bearbeiteten, keinen Anklang. Allgemein erhielten wir wenige Rückmeldungen. Daher wird uns die Frage, wie Lehrpersonen besser involviert werden könnten, sicherlich weiterhin beschäftigen. Hier steht die Jugendarbeit sicherlich in der Pflicht mehr einzufordern, um ein nachhaltiges Gelingen der Workshops zu garantieren. Falls ein_e Leser_in darin Erfahrungen gemacht hat, freue ich mich über Tipps/Rückmeldungen via Kommentarfunktion oder Mail!
Nachhaltigkeit der Workshops und Fazit
Da für uns die Nachhaltigkeit des Workshops schwierig zu beurteilen war und sich einige unserer Erwartungen nicht erfüllten, stellte sich für uns die Frage, inwiefern wir betreffend der Wirkung zu viel erwarteten. Es zeigte sich ausserdem, dass der Zeitrahmen von zwei Stunden und die drei Personen für die Begleitung von 20 Jugendliche nicht ausreichten. Nebst der pädagogischen Arbeit mit den Jugendlichen, auch die fachliche Unterstützung bezüglich Technik und redaktionellen Inhalten zu bieten, war unter diesen Rahmenbedingungen eine Herausforderung.
Positiv kann hervorgehoben werden, dass sich Jugendliche auf eine kreative Art und Weise, die ihnen Spass gemacht hat, zu Themen im Zusammenhang mit digitalen Medien auseinandersetzen konnten. Dabei konnten sie Fragen und Unsicherheiten aufs Tapet bringen und bekamen von Mitschüler_innen und Erwachsenen Reaktionen und Antworten darauf. Dies regte sie zur Selbstreflexion an. Gleichzeitig nahmen sie uns und die Schulsozialarbeit als kompetent betreffend digitaler Medien wahr, sowie als Anlaufstelle wenn sie Fragen oder gar Schwierigkeiten mit der Thematik haben.
Aufgrund unserer Erfahrungen der letzten Jahre, versuchen wir nun gemeinsam mit der Schule einen ganzen Tag zu digitalen Medien zu organisieren. Dafür möchten wir verschiedene Fachstellen gewinnen, welche Workshops anbieten. Die Resultate sollen dann auch „analog“ in den Gängen der Schule für Schüler_innen und Eltern zu besichtigen sein. So erhoffen wir uns Zeit tiefer in die Thematik einzutauchen, mehr Fachwissen und schlussendlich mehr Spass für die Jugendlichen. Somit sollte auch Nachhaltigkeit gegeben sein.
Der Blog: ojaoerlikon.wordpress.com
Nachhaltigkeit von solchen Workshops ist immer wieder eine Frage, die mich beschäftigt. Meine Erfahrung zeigte, dass man Schülerinnen und Schüler am Besten auf der affektiven Ebene erreicht. Sind sie begeistert, fasziniert, geschockt oder ein Stückweit auch irritiert, werden sie wachgerüttelt. Denken eigenständig über gewisse Themen weiter nach.
Viele Dank für die ausführliche Schilderung zu eurem Workshop. Mit Begeisterung habe ich auch die Videos geschaut. Schön wäre gewesen, wenn die Schüler noch zwei drei Sätze zu diesen geschrieben hätten :)