Alle Zitate sind Auszüge aus (Groner Rechtsanwälte, Rechtliche Behandlung der Pornografie)
Bei der Arbeit rund um Digitale Medien stellt uns ein Thema immer wieder vor grosse Herausforderungen – die Gesetze rund um die Kinderpornografie. Gehen wir mit einem Treffteam an einem See baden und machen wir dort Fotos – geht das?
Klar ist, die Eltern oder zumindest die Jugendlichen müssen uns das erlauben; aber trotzdem, wo genau beginnt Pornografie – oder in diesem Fall die Kinderpornografie?
Ein Lehrer erzählte mir von einer Bergwanderung. Seine Klasse wollte unbedingt in einem Bergsee baden – die Badekleidung wurde aber zu Hause vergessen. Kurzentschlossen badeten die Jugendlichen in Unterwäsche. Um diese Geschichte für den kommenden Elternabend festzuhalten, machte er ein paar Fotos. Mein Rat an ihn, lass so etwas unbedingt sein!

Tici23, via Wikimedia Commons
Ich wollte aber die Rechtslage für mich genau klären – so suchte ich nach Antworten des Bundesgerichtes.
Definition „Pornografie“ nach Bundesgericht:
„Der Begriff der Pornographie setzt einerseits voraus, dass die Darstellungen oder Darbietungen objektiv betrachtet darauf ausgelegt sind, den Konsumenten sexuell aufzureizen. Zum anderen ist erforderlich, dass die Sexualität so stark aus ihren menschlichen und emotionalen Bezügen herausgetrennt wird, dass die jeweilige Person als ein blosses Sexualobjekt erscheint, über das nach Belieben verfügt werden kann. Das sexuelle Verhalten wird dadurch vergröbert und aufdringlich in den Vordergrund gerückt.“
(BGE 131 IV 64 E. 10.1.1; 128 IV 260 E. 2.1, je mit Hinweisen).
Aus dieser Definition geht hervor, dass Pornografie absichtlich erstellt werden muss. Ein Foto eines Badeausfluges wird da also eher nicht als Pornografie ausgelegt werden können.
Schon oft habe ich aber gehört, dass es bei Kinderpornografie anders aussieht.
Zum Thema Kinderpornographie
Nach der Rechtsprechung zur Kinderpornographie ist nicht ausgeschlossen, dass Nacktaufnahmen von Kindern auch ohne besondere Betonung des Genitalbereichs als pornographisch qualifiziert werden können. In jedem Fall erfüllt derjenige den Tatbestand der harten Pornographie gemäss Art. 197 Ziff. 3 StGB, welcher das Kind mit entblösstem Genitalbereich in einer nach den Umständen objektiv aufreizenden Stellung posieren lässt und fotografiert, unabhängig davon, ob er dabei selbst sexuelle Regungen verspürt oder das Kind die sexuelle Bedeutung der Handlung erkennt.
Von vornherein als nicht pornographisch sind hingegen Fotos des nackten kindlichen Körpers zu betrachten, denen in keiner Weise entnommen werden kann, dass der Täter bei der Herstellung auf die Kinder eingewirkt hat (z.B. Schnappschüsse am Strand oder in der Badeanstalt). Dies gilt unabhängig davon, ob die Fotos später zur sexuellen Erregung verwendet werden.
(BGE 131 IV 64 E. 11.2; 128 IV 25 E. 3a S. 28 mit Hinweisen).
So würde ich nun als Laie die Unterwäsche – Badeaktion im Bergsee als klar nicht-pornografisch einordnen und bedenkenlos Jugendliche beim Baden in Badekleidung fotografieren (natürlich nur, wenn sie dem zugestimmt haben).
In verschiedenen Gesprächen mit Rechtsexperten wurde mir aber klar, dass im Zweifelsfall ein Richter entscheiden muss, ob ein Bild als pornografisch eingestuft wird oder nicht. Und das bringt für alle Beteiligten grossen Ärger mit sich. Falls nämlich irgendwer der Meinung sein sollte, der Lehrer habe die Unterwäsche Fotos gemacht, um sie zu missbrauchen, so müsste das richterlich untersucht werden.
Eine weitere Gefahr besteht darin, dass Bilder in Badekleidung mit wenigen Klicks verändert werden können und hierzu soll die Jugendarbeit nicht Anreize schaffen.
Fazit, mein Rat war also absolut angebracht. Fotos in Badekleidung oder gar Badeunterwäsche können das Ende einer Pädagogenkarriere bedeuten.
Um die Komplexität des Themas aufzuzeigen noch ein weiteres Bundesgerichtsurteil:
Das Bundesgericht hatte in BGE 133 IV 31 zwei Fotos zu beurteilen, auf denen ein dreijähriges Mädchen an einem Strand nackt mit angewinkelten gespreizten Beinen auf einem Liegestuhl sass, so dass seine Scheide deutlich sichtbar war. Auf dem einen Foto der beiden dieselbe Situation festhaltenden Bilder blickte das Kind mit ernstem Gesichtsausdruck in die Kamera, auf dem anderen lachte es. Mit den Händen hielt es sich seitlich am Liegestuhl fest. Die Mutter des Kindes zeigte ihren Ehegatten (den Vater) an, der die Fotos gemacht hatte. Die Mutter schilderte die Situation um die Entstehung des Bildes in den Untersuchungsakten folgendermassen: „Wir waren am Strand. Die Tochter hatte nasse Sachen an und da ich wollte, dass sie etwas Trockenes anzieht, habe ich sie ausgezogen. Sie legte sich dann auf einen Liegestuhl, wobei sie dann die Beine – wie Kinder halt so sind – auseinander hielt. Mein Mann hat dies sofort fotografiert, obwohl ich dies nicht wollte.“
Das Bundesgericht stellte fest, dass daraus, wie sich das Bild darstellte und wie es nach der Schilderung der Mutter entstanden war, hervorging, dass es sich bei der Aufnahme um eine natürliche Situation handelte. Der Vater hatte bei der Herstellung nicht auf das Kind eingewirkt. Weder Gesichtsausdruck noch Pose des Kindes deuteten darauf hin, dass das Foto darauf ausgerichtet gewesen wäre, den Betrachter sexuell aufzureizen. (…) Demgegenüber handelte es sich bei den zu beurteilenden Bildern nicht um kinderpornographische Erzeugnisse, sondern um eigentliche Schnappschüsse, die den Tatbestand der Pornographie mit Kindern gemäss Art. 197 Ziff. 3 StGB nicht erfüllten.