Es ist das Spiel der Superlative. Grand Theft Auto 5 erschien Mitte September auf XBOX 360 und Playstation 3 (Auf PC voraussichtlich März 14‘) und brach sämtliche Rekorde. Die (5-jährigen) Entwicklungskosten beliefen sich auf mehr als 260 Millionen Dollar. Dieser Betrag wurde schon nach kurzer Zeit eingespielt, und nach drei Tagen überschritt man bereits 3 Milliarden US-Dollar an Einnahmen. GTA 5 pulverisierte sämtliche Verkaufsrekorde aller bis anhin erhaltenen Computerspiele. Was macht die Faszination dieses Games aus? Weshalb löste es einen solch nie dagewesenen Hype aus?
Beliebtes Erwachsenen-Spiel seit 1997
Bereits die Vorgänger GTA 1-4 (1997 erschien der erste Titel der Serie) waren bei den GamerInnen beliebt. Dies wegen der bis anhin kaum dagewesener Grösse der Spielwelt, der vielen Möglichkeiten in dieser Welt („illegal“) zu agieren und nicht zuletzt dem sarkastischen Aufnehmen von aktuellen gesellschaftlichen Phänomenen im Spiel. Bei der fünften Ausgabe des Spiels kamen eine gross aufgezogene Werbekampagne und allgemein eine grosse Medienpräsenz hinzu. Rockstar Games spielte dabei geschickt mit den Vorurteilen, welche das Spiel in Öffentlichkeit bereits „genoss“. Es wurde als moralisch verwerfliches Spiel angesehen, welches die Spielenden bisweilen gar zu kriminellen Taten in der Realität anstiften würde. Zusätzlich entbrannte vor dem Erscheinen des fünften Titels eine Diskussion bezüglich einer Folterszene im Spiel (mehr dazu später), welche dem Spiel weitere Aufmerksamkeit bescherte. Die Hersteller kalkulierten wohl, getreu dem Motto „Auch schlechte Publicity ist Publicity“, die negative Presse mit ein. Trotzdem, die breite Diskussion über die Moral in diesem Spiel, hat wohl kaum jemand davon abgehalten dieses zu kaufen. Wenn man die Rekorde bezüglich der Verkaufszahlen liest, war wohl eher das Gegenteil der Fall.
Spielwiese für Hobby-Kriminelle?
Nebst den vielen moralisch fragwürdigen Aufgaben welche das Spiel für den/die GamerIn bereithält, kann es als grosser virtueller Spielplatz für Erwachsene bezeichnet werden. Standard.at schreibt dazu: „Es ist ein Spiel über eine Generation, die zwischen den Extremen und der Aussichtslosigkeit gefangen ist. Eine schonungslose Abrechnung, die in unendlicher Unterhaltung mündet, weil man seinem Zorn und seinen versteckten Fantasien freien Lauf lassen kann, man als moralisches Individuum endlich mit Tabus brechen darf und man am Ende trotzdem lacht. (…) Wo in der Realität an dieser Stelle ein Aber folgen müsste und der Hinweis auf Schwarz-Weiß-Malerei, baut „Grand Theft Auto 5“ (GTA 5) seine Persiflage auf den westlichen Kapitalismus, die Verrohung der Gesellschaft und den amerikanischen Traum auf“ (http://derstandard.at/1379290994733/Grand-Theft-Auto-5-im-Test-Das-Spiel-dieser-Generation, 2013). Man bewegt sich frei in einer riesigen Stadt, wo man tun und lassen kann was man will. Man nimmt (stiehlt oder kauft) sich ein Fahrzeug, welches man gerade möchte, fährt durch die Stadt und geht mal schnell neue Kleider einkaufen (oder stehlen). Nebenbei zockt man an der Börse, pflügt sich mit dem Speed Boot durch die Wellen oder betrinkt sich im Stripclub. Dabei ist vom Wetter bis zu den Einwohnern der Stadt alles komplett simuliert. Zusätzlich lässt sich die Spritzfahrt mit dem fahrbaren Untersatz mit coolem Soundtrack unterlegen, welcher sich aus vielen verschiedenen Radiostationen zusammenstellen
lässt. (Bild anklicken zum vergrössern ) Dabei flechten die Macher immer wieder geschickt Ironie in die Handlung mit ein, welche sich über aktuelle Gesellschaftsphänomene lustig macht. Dies alles soll nicht darüber hinweg täuschen, dass man in diesem Spiel nur weiter kommt, sprich Punkte und Geld einheimst, indem man die vorgegebenen unmoralischen/kriminelle Aufträge ausführt.
Virtuelles Foltern als satirisches Hinterfragen der Realität?
Einer dieser Aufträge In Grand Theft Auto 5 ist das Foltern eines vermeintlichen Terroristen, da man an bestimmte Informationen kommen muss. Damit man die Mission beenden kann, muss die Person mit Faustschlägen, Elektroschocks oder anderen Methoden überzeugt werden, etwas zu sagen. Falls das Herz des Gefolterten stehen bleibt, wird er mit einer Dosis Adrenalin wieder zu Leben erweckt. Dabei agiert die folternde Figur „Trevor“ (der/die SpielerIn) nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag des spielinternen Geheimdienstes „FIB“. Entwickler Rockstar Games kritisiert damit laut eigenen Angaben die Folterpraktiken der USA in Guantanamo und ordnet sie mit dem Kommentar Trevors selbst ein: „Folter ist nur für den Folterer da. (…) Man foltert um des Spaßes willen! Wir alle sollten uns das eingestehen. Um Informationen zu erlangen, ist sie nutzlos.“ Die Botschaft ist für den Hersteller klar; das Spiel will mit drastischen Bildern die Gesellschaft hinterfragen, die diese Praktiken zulässt und tatsächlich anwendet. Trotzdem – die Szene brachte Rockstar Games viel Kritik ein. Unter anderem von Amnesty International. Auch die Organisation Freedom of Torture kritisiert die Szene im Guardian und lässt Hinweise, es handle sich bei der Gewalt in GTA 5 um einen satirischen Kommentar über die heutige Gesellschaft, nicht gelten: „Das macht es für Überlebende von Folter in der echten Welt, die körperliche und mentale Schäden davongetragen haben, nur noch schlimmer. Wenn das eine satirische Kritik von Rockstar Games an der Folterpraxis sein soll, verstehen wir sie nicht.“ (http://www.theguardian.com/technology/2013/sep/18/grand-theft-auto-5-under-fire-for-graphic-torture-scene).
Dabei wird, wie schon oben erwähnt, angenommen, der Aufschrei in der Öffentlichkeit wurde von den Machern bewusst in Kauf genommen. Denn die Prise „Skandal“ bringt Aufmerksamkeit und gute Verkaufszahlen. Gesellschaftskritik oder nicht: es bleibt ein fader Nachgeschmack.
Jugendliche kommen ohne Probleme an das über 18 Jahre-Spiel
Auch weil das Spiel von vielen Jugendlichen gespielt wird, obwohl es nicht unter 18 Jahren verkauft wird. Dabei kritisiert beispielsweise die BBC, die Alterseinstufung ab 18 Jahren würde nicht deutlich genug gezeigt. Viele Eltern seien sich nicht im Klaren darüber, dass der Titel nicht für ihre minderjährigen Kinder geeignet sei. Die so angegriffene PEGI wollte sich den Vorwurf nicht gefallen lassen und reagierte mit folgenden Worten darauf: „Die von der Industrie organisierten Kampagnen informieren auf regulärer Basis die Kunden so gut sie können“, sagt Dirk Bosmans von PEGI. „Jedes einzelne Stück Werbung sollte das PEGI-Symbol zeigen. Überall wo das Spiel gezeigt wird, ob auf der Seite eines Busses, im Fernsehen oder in einem Magazin, ist das PEGI-Logo zu sehen.“ (http://www.gamezone.de/GTA-5-Grand-Theft-Auto-5-Xbox360-219969/News/GTA-5-PEGI-reagiert-auf-sensationsgierige-Kritik-der-Boulevardblaetter-1091122, 2013). Dabei geht vergessen, viele
Hersteller sehen das PEGI 18-Logo auch als Werbung für ihr Spiel an. Gamer sehen so das Spiel definitiv als „Erwachsenen-Spiel“. Was dann sicherlich wieder eine grosse Anziehungskraft auf Jugendliche ausübt. Und wenn Jugendliche ein Spiel erwerben möchten, dann kommen sie meist auch dazu. Sei es über einen älteren Kollegen, Bruder oder gar die Eltern welche es ihnen kaufen. Obwohl mit PEGI-Logo 18 gewarnt wird, ist wahrscheinlich einigen Eltern nicht bewusst, welche Inhalte dieses Spiel bereithält.
Darüber dass das Spiel nicht für SpielerInnen unter 18 Jahren gedacht ist, herrscht In der DOJ Fachgruppe Konsens. Dies aufgrund der Darstellung von- und der Möglichkeiten Gewalt und Sexualität im Spiel „auszuüben“, sowie dem ironischen Blick der darauf geworfen wird, welcher mehrheitlich nur für Erwachsene verständlich ist.
Gewöhnt man sich an immer realistischer und drastischer gezeigte Gewalt?
Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass Jugendliche täglich im Internet und auf den TV-Kanälen mit solchen Inhalten konfrontiert sind. Insbesondere auf Jugendliche jedoch, welche kaum von Erwachsenen beaufsichtigt und begleitet werden, könnten die gespielten Gewaltszenen einen negativen Einfluss ausüben. Sprich dass sie die Bilder und Eindrücke nicht richtig einordnen können. Auch da die Darstellung der Bilder und Handlungen in den Spielen immer realitätsnaher werden. Ausserdem hat man mit der Folterszene eine weitere rote Linie überschritten. Zumal man im Spiel dieser Mission nicht aus dem Weg gehen kann. Es stellt sich auch die Frage, was als nächstes kommt? Was beinhaltet GTA 6? Es entsteht der Eindruck, Hersteller allgemein loten Grenzen immer weiter aus, um herauszufinden wie gross der Aufschrei in der Öffentlichkeit (Medien, Politik etc.) diesmal sein wird und wie weit man somit gehen kann.
Quelle Bilder: PCGames.de, 2013
Für alle, die einmal in dieses Spiel reinschauen wollen: http://www.youtube.com/watch?v=gAYgFABiqB8&feature=c4-overview&list=UUYJ61XIK64sp6ZFFS8sctxw