1. Einleitung
  2. Bau und Betrieb Tonstudio OJA Oerlikon
  3. Aktuelle Praxis
  4. Auswertung Betrieb August 20’ – Dezember 22’
  5. Links
  6. Anhang
  1. Einleitung

Durch Musik können sich Jugendliche ausdrücken[1], ihr Selbstbild und äusseres Erscheinungsbild definieren und mit Gleichgesinnten in Kontakt treten. Musik spielt im Sozialisationsprozess und der Identitätsbildung von Jugendlichen also eine zentrale Rolle.

Durch das gemeinsame Produzieren eines Liedes trainieren Jugendliche nicht nur technische und musikalische Fähigkeiten[2], sie müssen auch als Gruppe aufeinander eingehen und sich organisieren. Der musikalische Ausdruck fördert nach Zehentmair (2013) das Selbstbewusstsein und die Fähigkeit zuzuhören, sowie sich selbst und andere neu wahrzunehmen. Etwas Eigenes zu erschaffen, wirkt sich des Weiteren positiv auf das Selbstwertgefühl aus. Durch Musik können Emotionen und Gefühle, welche verbal schwer zu beschreiben sind, einfacher ausgedrückt werden. Von Jugendlichen produzierte Lieder geben so auch ein Ausdruck ihrer Lebenswelt.

Musikproduktion wird bereits in verschiedenen Jugendarbeitsstellen in unterschiedlicher Weise angeboten. Das primäre Ziel der Fachpersonen liegt dabei nicht auf der Vermittlung musiktheoretischen Wissens. Vielmehr wird durch den musikalischen Selbstausdruck der Jugendlichen ein Zugang zu persönlichen Themen und allenfalls Problemen ermöglicht. Sprich interessierte Jugendliche in der Musikproduktion zu unterstützen und zu fördern. Ausserdem stehen anstelle von künstlerischen Fähigkeiten das Interesse und die Motivation Jugendlicher im Vordergrund. Weiter soll eine Plattform geschaffen werden, in der sie einen niederschwelligen Zugang zur Musikproduktion erhalten und sich mit Gleichgesinnten austauschen können. Tonstudios bieten ausserdem die Möglichkeit selbstverwaltet genutzt zu werden. Jugendliche können so lernen Verantwortung für den Raum zu übernehmen.

2. Bau und Betrieb Tonstudio OJA Oerlikon

Das Studio der OJA Oerlikon wurde in Zusammenarbeit mit Jugendlichen gebaut und bietet ein Raum, in welchem sie ihre musikalische Kreativität bedarfsgerecht ausleben können. Das Studio an der Dörflistrasse verfügt über eine gute Ausstattung mit vielen Möglichkeiten und konnte verhältnismässig kostengünstig (rund 2200 Franken für Technik ohne Mobiliar) verwirklicht werden. So liess sich über die handelsüblichen Plattformen das meiste Occasion und in guter Qualität finden.

Durch die partizipative Zusammenarbeit mit den Treff-Besucher*innen konnte eruiert werden, für was das Studio genutzt werden soll und welche Mittel benötigt werden, um den Nutzendend bestmöglich gerecht zu werden. Ausserdem wurde mit den Jugendlichen ein Nutzungskonzept entworfen, durch welches ein niederschwelliger Zugang zum Angebot geschaffen wurde.

Das Studio bietet anderem die Möglichkeit über ein Mikrofon in einer halboffenen Kabine Stimmen aufzunehmen. Ausserdem können über ein Keyboard und ein MPC (Musik-Produktions-Controller) Sounds für einen selbst produzierten Beat eingespielt werden. Zur Produktion stehen den Jugendlichen Ableton und FL -Studio als Softwares zur Verfügung.

Raum vor dem Umbau

3. Aktuelle Praxis

Zweimal wöchentlich, während den normalen Trefföffnungszeiten, werden begleitete Studioöffnungszeiten angeboten und beworben. Jugendliche können dann spontan vorbeikommen oder sich vorab anmelden. Während diesen Zeiten steht ein*e Mitarbeiter*in der OJA den Jugendlichen im Studio zur Verfügung. Es können während der begleiteten Öffnungszeiten also Jugendliche mit und ohne Studio-Erfahrung das Angebot nutzen und werden von den anwesenden Fachpersonen angeleitet.

Jugendliche, welche das Studio schon öfters genutzt haben und sich darin gut zurecht finden haben auch die Möglichkeit, das Studio während den Trefföffnungszeiten, ausserhalb der begleiteten Studiozeiten zu nutzen. Je nach personellen Ressourcen ist es dann allerding leider nicht immer möglich, sie bei Problemen und Fragen adäquat zu unterstützen.

Jugendliche unter 18 Jahren, welche das Bedürfnis haben auch ausserhalb der Trefföffnungszeiten das Studio zu nutzen, haben die Möglichkeit einen Schlüssel dafür zu erhalten und dieses selbstverwaltet (günstig bis kostenlos) zu nutzen. Jugendliche über 18 Jahre, welche das Studio nutzen möchten, habe ebenfalls die Möglichkeit, dieses zu mieten. Jüngere Nutzende haben allerdings Vorrang.

Wie immer zeigt sich, dass das Angebot vor allem dann viel genutzt wird wenn fixe Zeiten und Tage angeboten werden, bei denen ein/e Jugendarbeiter*in immer unterstützend vor Ort ist. Je nachdem lohnt es sich hierfür ein/e Musiker*in zu einem tiefen Stellenpensum anzustellen.

Jugendlicher beim Rappen

Das Angebot ist grundsätzlich gut besucht und oft sogar voll ausgelastet, wobei es hauptsächlich selbstverwaltet genutzt wird. Die fixen respektive die begleiteten Öffnungsstunden werden zurzeit eher weniger wahrgenommen. Vielmehr kommt es zu spontanen Studiobesuchen, wobei es aus zeitlichen Gründen nicht immer möglich ist, die Jugendlichen angemessen zu begleiten.

Das Studio dient den Jugendlichen oft auch als Ausgleich und Rückzugsort. Ausserdem bemerken wir, wie sich die Jugendlichen vermehrt ihre Songs zeigen und sich auch gegenseitig vorantreiben und motivieren. Die Selbstwirksamkeit ist also gross.

Leider wird das Studio aktuell vorwiegend von männlich gelesenen Jugendlichen genutzt. Gegenüber anderen Angeboten braucht es hier stärkere Bemühungen, mehr weiblich gewesene Nutzer*innen für das Angebot zu begeistern.

Eine der grössten Herausforderungen stellt die Ausbildung der in den Einrichtungen arbeitenden Jugend*arbeiterinnen dar. Grundsätzlich ist das Ziel, dass alle Mitarbeiter*innen die Jugendlichen im Studio unterstützen können. Der Wissensstand und die Fertigkeiten sind hier allerdings auf unterschiedlichem Niveau. Der Wissenstransfer & -erhalt im Team, ist eine der grösseren Herausforderungen und ist nur durch regelmässiges Praktizieren aller nachhaltig.

4. Auswertung Betrieb August 20’ – Dezember 22’

ErfolgeMöglichkeiten
– Neue Jugendliche konnten in OJA Angebote gelockt werden
– Studio wird sehr oft selbständig genutzt
– Allgemein kommt Angebot sehr gut an
– Jugendliche können sich ausdrücken und über ihre Probleme singen/rappen, die dies sonst nicht so tun, entdecken ihre Ressourcen im Bereich Musik
– Jugendliche finden Zugang zu Digitalen Medien und Musiktechnik
– Raum und dessen Regeln werden grossmehrheitlich respektiert
– Jugendliche bleiben an ihren Projekten dran. Es zeigen sich einige Talente  
– Jugendliche weiterbilden, wie sie ihre Musikveröffentlichen können
– Jugendliche aus dem Studio an OJA- & Quartierfesten auftreten lassen
– Jugendliche im Produzieren aus- und weiterbilden
– Musiker*in zu niedrigen Stellenprozenten anstellen, damit regelmässige Öffnungszeiten gewährleistet werden können, sowie um das Team weiterzubilden.  
MisserfolgenHindernisse
– Das Musik-Produzieren findet noch kaum Anklang
– Bislang noch wenige Selbstverwaltete Nutzung ausserhalb der Öffnungszeiten (Wohl, weil sie ziemlich jung (12-15 Jahre) sind)
– Hardware wurde von Nutzer*innen beschädigt
– Immer mal wieder Abfall der im Raum hinterlassen wird
– Ein, zwei Mal wurde im Raum geraucht/gekifft
– Sehr wenige weibliche Studionutzer*innen
– Umgang mit heiklen Textinhalte: … vs. Zensur
– Das Produzieren ist für vielen U16 Jahren zu hochschwellig
– Beherrschung der Musikhardware für Jugendliche und Team herausfordern
– Wissenstransfer innerhalb des Teams nicht einfach, insbesondere wenn sie bis anhin nicht gross mit Musik(-technik) zu tun hatten
– Wegen vieler Alltagsthemen, nicht einfach regelmässige Studioöffnungszeiten anzubieten
– Gruppen die den Raum heimlich nur zum Chillen nutzen  

5. Links

Sammlung mit den besten kostenlosen Plugins:

Übersicht der besten Musikapps für iPad und iPhone (2020): https://www.keyboards.de/equipment/uebersicht-der-besten-musikapps-fuer-ipad-und-iphone/

Apps zum Musikmachen:
https://www.delamar.de/musiksoftware/apps-zum-musik-machen-44179/

Apps für Musiker*innen:

6. Anhang

  • Benötigte Hard- & Software, sowie Studiobudgetvorlage

  • Mobiles Tonaufnahmestudio Hardware (KJU Baden)

  • Studioregeln

  • Nutzungskonzept Studio OJA Oerlikon

  • Vergleich verschiedene Studio-Musiksoftware

[1] Gemäss der James Studie (2019) machen 33% der 12- bis 19-jährigen Jugendlichen mindestens einmal pro Woche selbst Musik. D.h. jede*r dritte Jugendliche ist musikalisch tätig. Allgemein spielt Musik für viele Jugendliche eine wichtige Rolle. Rund 93% der befragten Jugendlichen hören täglich oder mehrmals wöchentlich Musik. 

[2] Laut DOJ ist es ein Kernziel der Offenen Jugendarbeit, dass „Jugendliche ausgeprägte Sozial- und Handlungskompetenzen und auf individueller Ebene ein hohes Selbstwertgefühl und Bewusstsein entwickeln“. 


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