Digitale Medien sind schon bei Kindern in der Mittelstufe ein Thema. Dennoch ist das Wissen über Vorzüge und vor allem Risiken sehr unterschiedlich. Daher machte die Kantonspolizei Zürich in den Schulen Präventionslektionen zum Thema Kriminalität. Der inhaltliche Schwerpunkt ist dabei ganz klar auf der Nutzung von digitalen Medien.
Bis 2016 wurde die Kriminalprävention durch den Jugendinterventionsdienst abgedeckt. Wegen Ressourcenmangel wurde dies umstrukturiert und bei der Kinder- und Jugendinstruktion (im Volksmund auch als Verkehrserziehende genannt) angesiedelt. Diese machen nun während der Mittel- und Oberstufenzeit zwei Inputs. Der Erste findet in der 4. Klasse statt. Dabei geht es hauptsächlich um respektvollen Umgang untereinander, Gewaltdarstellungen und Ehrverletzung. Ein zweiter Input findet dann in der 1. Oberstufe statt. Dort wird insbesondere auf die Gefahren von Sexting, Pornografie und Cybermobbing hingewiesen. (vgl. Kantonspolizei Zürich, 2017)

Diese Präventionslektionen sind sehr wichtig, denn wir nutzen digitalen Medien ständig. Es ist gut möglich, dass bei den Kindern und Jugendlichen irgendwann weitere Fragen auftauchen oder ein Klassenchat plötzlich sehr viel Dynamik auslöst. In solchen Fällen ist es wichtig, dass die Themen aufgegriffen werden. Es kann sinnvoll sein, dazu eine externe Person beizuziehen. Es gibt die Möglichkeit auf das Angebot der Kantonspolizei zurück zu greifen oder die Jugendarbeit anzufragen. Und so geschah es auch bei uns: Wir von er Jugendarbeit Wädenswil wurden von der Schulsozialarbeit angefragt, ob wir zwei Lektionen zum Thema soziale Medien und sicheren Umgang damit gestalten könnten.
Die Anfrage landete auf meinem Pult, da ich als neues Mitglied der Fachgruppe Soziale Medien prädestiniert für diese Aufgabe war. Ich hatte grosse Lust dies zu machen und gleichzeitig grossen Respekt davor. Denn Fachgruppenmitglied hin oder her, ich bin blutige Anfängerin in dem Thema und schlag mich selber noch mit den Datenschutz Einstellungen bei den Plattformen rum. Aber gut, dies ist eine weitere tolle Chance mein Wissen zu vertiefen und auf die Probe zu stellen. Was können 22 neugierige Schülerinnen und Schüler schon schwieriges fragen?! Genau, ne ganze Menge! Ich überlegte mir warum es Sinn macht oder vielleicht auch nicht, dass ich als Jugendarbeiterin einen Input zu digitalen Medien gestalte. Ich fand ganz schön viele Argumente die dafür sprechen:

Argumente für einen Input seitens der Jugendarbeit

  • Die Zusammenarbeit von Schule (Lehrperson und Schulsozialarbeit) und Jugendarbeit stärkt das gegenseitige Vertrauen und es kann einen Austausch stattfinden
  • Die Schülerinnen und Schüler knüpfen so (einen ersten) Kontakt zur Jugendarbeit und haben Zugang zu niederschwelliger Unterstützung und Beratung
  • Die Jugendarbeit hat einen anderen Zugang (ist per Du, Bezugsperson Freizeit) und kommt als externe Person in eine Klasse, was eine andere Wirkung erzielt, als wenn es die Lehrperson machen würde
  • Falls rechtliche Fragen unbeantwortet bleiben, können diese notiert werden und man kann einen gemeinsamen Besuch bei der Polizei planen. Dies zeigt den Jugendlichen einen möglichen Weg auf, wo sie sich fehlendes Wissen abholen können und soll den Weg zur Polizei ebnen
  • Falls die Jugendlichen zu einem späteren Zeitpunkt individuelle Fragen zum Thema digitale Medien haben, können sie auf verschiedenste Fachpersonen zurückgreifen. Falls sie zu einem späteren Zeitpunkt Fragen zu digitalen Medien haben sind wir zusammen mit Schulsozialarbeit, Lehrerschaft und Eltern gute Ansprechpersonen

Ich finde das einzige Argument gegen einen Input seitens der Jugendarbeit ist, dass wir uns in Rechtsfragen eventuell weniger gut auskennen als zum Beispiel die Polizei oder Juristen. Dennoch sind wir Fachpersonen in Jugendfragen. Wir haben real wie auch teilweise virtuell Einblick in die Lebenswelten von Jugendlichen. Zudem haben wir tagtäglich mit Jugendlichen zu tun und erfahren so, was sie beschäftigt. Deshalb kam ich zum Schluss, dass es absolut sinnvoll ist in Zusammenarbeit mit der Schule einen solchen Präventionsinput zu machen.

Vorgehen

Auftragsklärung: Was wird erwartet und welche Bedürfnisse hat die Klasse
Mein Anspruch war, genau auf die Bedürfnisse dieser Klasse einzugehen. Ich wollte den Input mit unserem Zivildienstleistenden machen. Einerseits weil er als Informatiker viel technisches Know-How hat und anderseits wegen der Genderthematik. Darum sass ich mit der Schulsozialarbeiterin und dem Zivildienstleistenden zusammen. Wir besprachen welches die konkreten Themen in dieser Klasse sind und was seitens der Schule erwartet wird. Es geht um eine sehr dynamische 6. Klasse wo auch schon kritische Vorfälle im Zusammenhang mit digitalen Medien vorgekommen sind.

Facts:

  • Umfang: 2 Lektionen (90 Minuten)
  • Input zu digitalen Medien, Schwerpunkt Social Media Plattformen
  • Rechtliche Fragen: Recht am Bild, Datenschutz, Gewalt, Sexting, Cybermobbing
  • Präventionscharakter: Risiken, Privatsphäre Einstellungen
  • Angepasst auf diese 6. Klasse

Wir überlegten uns wie wir diese Themen alters- und situationsgerecht vermitteln können. Um einen besseren Eindruck davon zu erhalten werde ich im folgenden Abschnitt auflisten wie wir welche Themen thematisiert haben. Das Ziel war so wenig als möglich auf den klassischen Frontalunterricht zurückgreifen. Vielmehr wollten wir möglichst viel interaktiv gestalten. Falls die Jugendlichen selber viel wissen, möchten wir lieber mit deren Wissen arbeiten, als dass wir ihnen alles erzählen.
Natürlich ist das nur eine mögliche Vorgehensweise. Es soll leidglich als Idee dienen und darf gerne weiterentwickelt und verbessert werden.

Gestaltung Ablauf

Mediennutzung

Thema: Als ersten wollten wir eruieren welche digitalen Medien von den Jugendlichen genutzt werden. In einem zweiten Schritt mussten sie auch die Vor- und Nachteile dieser Medien benennen. Zudem zeichnete unser Informatiker die Mechanismen auf, wie sich zum Beispiel Google die Informationen beschafft. Diese einfache Darstellung war für viele sehr aufschlussreich.

Mittel: Alle in der Klasse schreiben die digitalen Medien, welche sie nutzen auf einen blauen Zettel. Danach die Vorteile auf grüne und die Nachteile auf rote Zettel.

Auswertung: Wir erhielten schnell ein grobes Bild welche Medien sehr oft genutzt werden: Whatsapp, YouTube, Instagram und Snapchat. Die meist genannten Vor- und Nachteile sind nachfolgend auf dem Bild ersichtlich. Die Antworten liefern jeweils gutes Diskussionsmaterial.

Bild: Vorteile von den digitalen Medien

 

Bild: Nachteile von digitalen Medien

 

Rechtliche Relevanz

Thema: Um die gewünschten Themen (Sexting, Datenschutz, Cybermobbing, Pornografie, Gewalt) mit der Klasse zu bearbeiten, gab es sechs verschiedene Fallbeispiele. Jedes Beispiel deckt eine gewisse rechtliche Fragestellung ab, die anschliessen diskutiert werden kann. Folgende Fragen haben wir verwendet:

  1. Darfst du in der Öffentlichkeit Bilder von einer fremden Person machen?
  2. Welche Inhalte darfst du auf Insta/fb etc. teilen?
  3. Darfst du eine Schlägerei filmen und per Whatsapp weitersenden?
  4. Darfst du alle erhaltenen Nachrichten/Bilder weiterleiten?
  5. Darfst du ein Bild von deiner Kollegin in Unterwäsche auf dem Pausenplatz herumzeigen?
  6. Darfst du jemanden den du nicht so magst auf Insta beleidigen?

Mittel: Die Beispiele haben wir aufgeschrieben und an die selbstgewählten Gruppen verteilt. Die Aufgabe war, die Frage zu beantworten und ihre Antwort zu begründen.

Auswertung: Jede Gruppe präsentierte dann der Klasse die Frage und ihre Antwort. Teilweise kamen interessante Zusatzfragen auf die dann zusammen diskutiert wurden. Die Diskussion lässt sich auch sehr gut durch provokante Aussagen vorantreiben.

Bild: Antwort zum Beispiel 1: Darfst du in der Öffentlichkeit Bilder von einer fremden Person machen?

 

Cybermobbing

Thema: Das Thema Cybermobbing ist sehr heikel. Wir überlegten uns lange wieviel und wie einschüchternd wollen wir es wirken lassen. Zudem fragten wir uns, wie gross ist die Gefahr sie durch die Thematisierung auf die Idee zu bringen? Zudem muss man sich überlegen, ob man den Teil zu Cybermobbing eher am Anfang des Inputs oder am Ende einbaut. Wir entschieden uns für den Schluss, weil wir wussten sie haben nachher noch Schule und die Schulsozialarbeiterin ist ebenfalls anwesend und kann bei Bedarf auch weitere Fragen und Gefühle auffangen.

Mittel: Wir entschieden uns für das Video von Amanda Todd (erstes Cybermobbing Opfer aus Canada). Warum dieses Video: Es ist sehr eindrücklich, es ist ein Mädchen im gleichen Alter wie die Jugendlichen selbst. Es ist nicht fake sondern real und es sind keine Bilder die Ekel oder Sensationsgier hervorrufen. Das Video dauert 8 Minuten und hat deutsche Untertitel. (Für langsame Leserinnen und Leser war es teilweise etwas schnell.)

Auswertung: Wir schauten uns zuerst das Video an. Danach war es ganz still. Ich glaube die Ernsthaftigkeit und Dramatik haben sie erreicht. Nach dem Video wollten wir unter anderem wissen, was dies bei ihnen ausgelöst hat. Sie konnten Fragen stellen und wir diskutierten noch etwas über Amanda. Danach wendeten wir uns allgemein Cybermobbing zu. Wir wiesen sie klar auf die Tatsache hin, dass es für Mobbing nicht nur den Täter/die Täterin braucht sondern Mobbing wird erst durch die, die Mitmachen und zusehen ohne etwas dagegen zu tun, ermöglicht. Die Mitlaufenden und Zuschauenden ermöglichen es erst.
Wir diskutierten was sie machen können wenn sie etwas mitkriegen und gaben konkrete Tipps. Zudem legten wir die Informationsflyer von Fachstellen auf und wiesen darauf hin wo sie sich in Wädenswil Hilfe und Rat holen können.

Dann war die Zeit dann auch schon um. Nach einem kurzen Austausch mit der Lehrperson und der Schulsozialarbeiterin gingen wir müde aber zufrieden zurück ins Jugendkulturhaus Sust. Die Rückmeldung seitens Schule war gut und wir liessen alles nochmals Revue passieren.

Unser Fazit:

Es lohnt sich ungemein einen solchen Input in einer Klasse zu machen. Nebst dem, dass sich meine Argumente bewahrheiteten war es eine tolle Erfahrung. Ich würde es also jeder Jugendarbeiterin und jedem Jugendarbeiter empfehlen sich auf eine solche Anfrage seitens der Schule einzulassen. Auch ich bin absolut kein Profi in dieser Thematik, aber die Vorbereitungen und der Input selbst haben mich ungemein weitergebracht und ich würde es sofort wieder tun.

 

Quelle: http://www.kapo.zh.ch/internet/sicherheitsdirektion/kapo/de/praevention/kji/ang_kpa.html

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